Reisen auf Indisch

Während anlässlich des hinduistischen Lichterfestes „Diwali“ (23.10.14) um uns herum tüchtig geballert wird, haben wir die nächste Etappe unserer Reise geplant. Und da  das Reisen an sich es hier auch in sich hat, möchte ich Euch von ein paar Erlebnissen berichten.

DSC06291 (FILEminimizer)Rikschaparkplatz
In Delhi waren wir mit Rikscha und Metro unterwegs. Die Metro klappte prima, nachdem wir einmal kapiert hatten, wie wir an eine gültige Chipkarte kommen. Mit den Rikschafahrern war es wie im Reiseführer beschrieben – ständig ein Ringen um einen vernünftigen Preis. Gregor ist bei den Verhandlungen deutlich zäher und hat bessere Nerven als ich, besonders wenn wir gerade mit Rücksäcken bepackt und eigentlich müde sind, was den Fahrern ja auch nicht entgeht. Und Mitleid zählt hier nicht.
Auf unsrer Tour durch Rajasthan hatten wir durch die Tricksereien eines wahrscheinlich inoffiziellen Reiseunternehmens letztendlich die noble Variante des Autos mit eigenem Fahrer – was die Straßen dort allerdings auch nicht besser machte. Bisher dachte ich, in Rumänien oder der Ukraine hätte ich die schlechtesten erlebt. Weit gefehlt!
Das eigentliche Reiseabenteuer begann aber erst, als wir einen sogenannten Sleeper, einen Bus mit Schlafmöglichkeit in „Boxen“ von Delhi nach Amritsar gebucht hatten. Um ca. 17.00 Uhr sollten wir samstags mit dem Auto in Delhi sein, zum Abfahrtsort des Busses gebracht werden, der dann um 22.30 Uhr starten und morgens um 7.00 Uhr in der nordöstlichen Stadt Amritsar ankommen sollte. Als unser Fahrer uns gegen 18.00 Uhr auf der anderen Straßenseite des „Bus – Office“ austeigen ließ, war es vor lauter Verkehr kaum möglich, die Straße zu überqueren, alles war voller Autos , Motorräder, Rikschas, Fahrräder und jeder Menge Leute, die uns direkt wieder mitnehmen oder etwas verkaufen wollten. Als wir es dann mit unserem Gepäck auf die andere Straßenseite geschafft hatten, war das Büro zwar das Richtige, worüber wir schon mal sehr froh waren, allerdings gab es innerhalb der 2 qm mit mehreren Leuten, die dort saßen, keinerlei Möglichkeit, das Gepäck zu deponieren. Das hieß, dass wir es in der trubeligen Samstagsabendstimmung durch die vollgestopften Gassen tragen mussten. Als wir nach einem Restaurant in der Nähe fragten, wo wir uns vielleicht setzen könnten, zuckten alle nur mit den Schultern. Da müssten wir erst mal 2 km wieder zurück in die Stadt fahren. Da wir die Strecke ja gerade schon hinter uns hatten, wussten wir, wie verstopft dieser Weg war. Es blieb uns aber nichts anderes über, in diesem Gewühl wären wir niemals vorwärts gekommen. Außerdem war es um uns herum so dreckig, dass es nirgends einen Platz zum Hinsetzen gab. Also versuchte Gregor eine Autorikscha zu bekommen. Die zierlichen Inder mit ihren Fahradrikschas hätten uns mit Gepäck ja niemals bewegt bekommen. Mit Gepäck war es zwar noch schwieriger, jemanden zu finden, der uns überhaupt mitnehmen wollte, aber letztendlich fanden wir einen. Er fuhr durch noch engere Gassen wieder zur Hauptstraße, wo wir sofort wieder im absoluten 10- spurigen Stau standen, wo alle hupten und riefen und sich jeder in die kleinste Lücke stürzte, die sich vor ihm auftat.

DSC06939 (FILEminimizer)Normaler Alltagsverkehr, leer im Vergleich zur Rushhour!

Als wir in die Nähe der Hauptbasarstraße kamen, die wegen der anstehenden Feiertage und riesiger Baustellen mit Schotterweg sowieso einspurig gesperrt war, allerdings von Fußgänger überschwemmt wurde, riet uns der Rikschafahrer auszusteigen und durch den Verkehr zu laufen. Mit uns war eh nichts zu verdienen. Also stiegen wir aus, packten alles auf den Rücken und vor den Bauch und stiegen über Stock und Stein, Rikschas und Fahrräder, um die Straße zu überqueren. Als wir mehrere Leute nach einem Restaurant fragten, konnte uns keiner helfen. Es gibt in der Altstadt, jedenfalls in diesem Bereich keine Restaurants in unserem Sinne. Es gibt viele Straßenstände mit Imbissangeboten, aber man kann sich nicht hinsetzen. Wir versuchten es sogar bei Mc Donald, aber auch dort war alles überfüllt. So liefen wir mit unserem Gepäck an endlosen Geschäften vorbei, quetschten uns durch verwundert blickende Menschengruppen und fanden einfach kein einziges Lokal. Inzwischen gab es auf dem einspurigen Schotterweg auch nur noch Fahrradrikschas, die an uns vorbeifuhren. Schließlich beschlossen wir, einen Fahrer anzuhalten und ihn zu bitten, uns irgendwohin in ein Restaurant zu fahren. Da diese Rikschafahrer aber ganz einfache Menschen ohne Bildung sind, sprach keiner Englisch. Ein Mann bekam schließlich mit, was wir suchten und sagte dem Rikschafahrer, wohin er fahren sollte. Ich hätte gar nicht gedacht, dass wir zwei große und kleine Rucksäcke und uns zwei auf so eine Fahradrikscha bekommen würden und dass der Mann tatsächlich auf diesen Straßen auch noch fahren könnte. Aber es klappte tatsächlich und nach ca. 600 m standen wir vor einem kleinen, leeren Restaurant! Ich war heilfroh, dass wir endlich sitzen konnten, um die nächsten Stunden herumzubringen. Nun entstand allerdings das nächste Problem, die Toilettenfrage. Da ich den ganzen Tag über keine Gelegenheit hatte, auf ein WC zu kommen, dachte ich, hier gäbe es eine Möglichkeit. In Indien hat aber nicht jedes Lokal ein WC, nur ein Waschbecken zum Händewaschen. Da ich ja wusste, wie die Gegend aussah, wo der Bus abfahren sollte, war mir klar, ich muss hier etwas finden. Ich wollte sowieso nichts mehr essen, also machte ich mich auf die Suche. Ich hatte von weitem unten an der Straße ein Schild mit der Aufschrift „Hotel“ gelesen. Ich ging auf einen schmalen Treppenaufgang in einem schmuddeligen Haus zu und lief die Stufen nach oben. Dor saßen zwei Männer an einem Tisch, die auf meine Frage, ob es ein WC gäbe, auf eine Tür zeigten. Es war immerhin ein funktionierendes WC und die Hände konnte ich mir ja im Restaurant waschen! Welch eine Erleichterung!
Gregor war mit dem Essen im Lokal ganz zufrieden und eine Stunde bevor wir wieder am Bus sein sollten, machten wir uns auf den Weg. Wir mussten wieder einen dünnen Rikschafahrer wählen, der sich diesmal von einem Polizisten erklären ließ, wo wir hinwollten. Ich hatte etwas Sorge, dass wir in der offenen Rikscha ein Gepäckstück verlieren, aber wir kamen tatsächlich relativ zügig voran und waren vor der Zeit am Treffpunkt. Sofort kam ein Mann auf uns zu, der erklärte, dass der Bus heute woanders abführe. Wieder mussten wir das Gepäck schultern und jetzt den gleichen Weg, den wir heute schon mehrmals gefahren waren zu Fuß zurücklaufen. Dann standen wir an der Hauptstraße und ein paar Männer warteten dort mit uns. Es hielt ein Bus und alle sollten schnell einsteigen. Als wir drinnen waren, sahen wir links in der unteren Etage Sitzplätze, darüber eine Art „Boxen“ zum Schlafen. Auf der rechten Seite gab es zwei Etagen dieser Boxen mit Schiebetür über einander. Wir hatten eigentlich Nummern für unsere Plätze, aber es gab keine Nummern. Die Busfahrer sprachen kein Englisch und interessierten sich auch nicht dafür, dass wir nicht wussten, wo wir hin sollten. Ein jüngerer Mann klopfte dann an einer Box, zog die Tür auf und deutete hinein. So wuchteten Gregor und ich jeder sein Gepäck in eine dieser Boxen, die aus einer schmuddeligen breiten Liege bestand. Ich setzte mich erst mal hin und versuchte mich an das laute, ruckelige Busfahren zu gewöhnen. Nach ca. einer Stunde kam ein Mann und bedeutete uns, dass wir sofort nochmal schnell austeigen und den Bus wechseln müssten. So stiegen wir mitten in der Nacht an einer Autobahnausfahrt aus dem Bus aus und liefen mit 5 Leuten hinter einem Mann her, der uns zum Bus bringen sollte. Ein netter Inder schnappte sich meinen Rucksack, weil ich ihn so schnell gar nicht aufgesetzt bekam. Dann kamen wir tatsächlich zu einem anderen Bus, der viel voller war und in dem Gregor und ich uns jetzt eine Box (ca. 120 x 190 cm groß) teilen mussten. Da alles schon voll war, musste auch das Gepäck mit hinein. Gut, dass wir nicht an Platzangst leiden. Der Schlaf war nicht so erholsam, wie man sich denken kann und die Straßen sehr holprig. Gegen 7.00 Uhr polterte jemand gegen alle Boxen und wir dachten, gleich sind wir da. Es dauerte dann fast noch über 2 Stunden und wir hatten tatsächlich Amritsar erreicht.
Diese Art Nachtbus werden wir wohl nicht mehr wählen, wir versuchen es morgen mit Liegesitzen in einem moderneren Bus. Wir hoffen, er hält, was er verspricht.

DSC05801 New Delhi Ralilway Station (FILEminimizer)Alltag in Delhi Railwaystation

Eigentlich wollten wir ja in Indien mehr Zug fahren, aber die Strecken waren entweder ausgebucht oder es gab hier in die Berge nach Dharamshala sowieso nur Busse. Auf jeden Fall ist Reisen ganz schön anstrengend!!!

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