Meditationserfahrungen

Bisher habe ich fast nur im christlichen Bereich mit Meditation zu tun gehabt. Wie das die Buddhisten wohl angehen, in diesem Fall die tibetischen Buddhisten, da war ich gespannt.
„Taming the mind“ – „Den Geist zähmen“ – so hieß das Thema des 10tägigen Kurses. Es gab einen genauen Zeitplan, von 5.30 Uhr bis 20.30 Uhr, mit ausreichend Pausen dazwischen. Fünf mal am Tag wurde eine Dreiviertelstunde meditiert, ansonsten gab es noch ein Morgengebet mit vielen Niederwerfungen (prostrations), ein Abendgebet, eine Unterrichtseinheit, in der Zeit war, Fragen zu stellen und zweimal gab es eine Stunde Zeit für persönliche Lektüre, Spaziergänge oder Ähnliches. Nur Schlafen sollten wir nicht! Die ganze Zeit über wurde geschwiegen, auch beim Essen (der Essenbereich ist generell Schweigebereich, wer reden will geht in den Garten oder auf die Dachterrasse). Wir sollten uns möglichst durch Nichts aus der Konzentration bringen lassen, deshalb sollten wir auch keine elektronischen Geräte wie Handys und Laptops benutzen oder das Gelände auch nicht für einen Stadtbummel verlassen. Ich muss sagen, das alles hat schon sehr zur Konzentration beigetragen, auch wenn Gregor und ich, da wir auch ein Doppelzimmer hatten, das mit dem Schweigen nicht ganz konsequent eingehalten haben.
Die Einführungen unseres Lehrers, eines französischen, buddhistischen Mönches waren leider völlig unstrukturiert und chaotisch. Er war zwar sehr freundlich, aber die Gabe zu lehren, hatte er leider überhaupt nicht. Irgendwie wusste er schon, dass einige Anfänger im Kurs saßen, trotzdem benutzte er permanent „buddhistische Vokabeln“, als wüsste jeder, wovon er redet. Außerdem hatte er schon lange nicht mehr Englisch gesprochen, was der sowieso schon nuscheligen Aussprache nicht gerade förderlich war.
Deshalb mussten wir uns unser Wissen dann eher anlesen, was für Gregor und mich auch nicht problematisch ist. Allerdings war hier alle Lektüre in Englisch, was mich schon herausgefordert und manchmal etwas erschöpft hat. Aber jetzt habe ich das tibetisch – buddhistische Vokabular auf Englisch voll drauf!
Nun aber zum Eigentlichen, was wir hier lernen wollten, zur Meditation. Unsere Einheiten fanden immer in der sogenannten Gompa statt. Darunter versteht man einen großen Tempel und Meditationsraum, in dem vorne eine Buddhafigur steht und der daneben mit vielen anderen Bilder und Buddhafiguren geschmückt ist.

DSC07765 (FILEminimizer) DSC07839 (FILEminimizer) DSC07773 (FILEminimizer)Meditationsplätze in der Gompa

Gompa von außen

Für jeden von unsrer 16-köpfigen Gruppe lag ein großes flaches Kissen mit kleineren Sitzkissen aus, davor stand ein kleines Tischchen mit Gebetsbüchern und einer kleinen Buddhastatue. Alle saßen auf diesen Kissen auf dem Boden, aber wer wollte, konnte sich auch auf einen Stuhl setzen.
Nachdem wir anfangs auf unseren Atem achten sollten, um zur Ruhe zu kommen, kamen wir zur sogenannten „Visualisierung“. Dazu sollten wir uns die kleine Buddhastatue vor uns genau anschauen und dann versuchen, sie uns auch innerlich, wenn wir nicht mehr hinschauen, vorzustellen. Anfangs nur für ein paar Sekunden, dann wieder entspannen, dann wieder ein paar Sekunden und mit der Zeit immer ein wenig länger. Gedanken, die kommen sollten wir beiseite lassen und „wegschicken“. Dafür sollten wir an alle anderen Lebewesen denken und Gutes für sie wünschen. Das ist für die Buddhisten das Wichtigste im Leben, soweit man es kann, bei allem, was man tut, an das Wohl der anderen zu denken und auch so zu handeln. Wenn man das völlig selbstlos und ohne Hintergedanken, vollkommen und immer perfekt hinbekommt, wird es einen auch selber glücklich machen und man erreicht die „Erleuchtung“. Das ist jetzt sehr knapp das Wesen des tibetischen Buddhismus, mit dem wir es hier zu tun haben, in Kurzform.

DSC07847 (FILEminimizer) DSC07849 (FILEminimizer)

DSC07872 (FILEminimizer) DSC07889 (FILEminimizer)
Anfangs bin ich in meiner Meditation nicht so recht weit gekommen, außer zu denken, „was tue ich eigentlich hier“ oder „meine Knie und der Rücken tut weh, ab morgen meditiere ich auf dem Stuhl.“ Als ich dann an einem morgen wieder in meiner zusätzlichen Lektüre über den Buddhismus las, wurde dort sehr wertschätzend von Jesus gesprochen, der diese selbstlose Liebe zu anderen ja auch praktizierte. Und wie man die Religion nenne, nach der man leben wolle, sei ja eigentlich egal. Dieser Gedanke hat mich sehr ermutigt, meine Meditation zu „verchristlichen“. Das heißt, ich habe mir überlegt, welches christliche Bild mir so vertraut ist, dass ich es mir leicht innerlich vor Augen führen kann. Da ist mir direkt meine schöne Christusikone, die ich jahrelang in meiner „stillen Ecke“ hatte, eingefallen. Sie sah ich dann immer vor mir und stellte mir vor, Jesus schaut mich liebevoll an. Und wisst Ihr, was passiert ist? Ich habe gemerkt, wie glücklich ich bin, dass ich Christin bin. Ich muss mich nicht selber erlösen, ich muss keine besonderen Leistungen vollbringen und wenn ich mal egoistisch bin, darf ich Vergebung erfahren und muss nicht endlos wiedergeboren werden. Ich war ja so froh, das kann ich gar nicht beschreiben. Vielleicht musste ich schon alleine wegen dieses Gedankens hierhin kommen.
Jedenfalls habe ich dann aber den Gedanken aufgenommen, anderen Menschen Gutes zu tun. Wie gesagt, die Buddhisten bemühen sich, an alle Lebewesen zu denken und so deren Gedanken und Leben positiv zu beeinflussen. Ich dachte mir, das Beste, was ich als Christin tun kann, ist, für andere zu beten. Oder, in meinem Falle, andere mit hineinzunehmen in meine Vorstellung, wir sitzen vor Jesus, er schaut uns liebevoll an, wir brauchen vor nichts Angst zu haben, wir sind so geliebt, wie wir sind, es kann eigentlich nichts Schlimmes passieren. Ich könnte auch sagen, ich habe beschlossen, mir in der Meditationszeit bewusst zu machen, dass ich in Gottes Gegenwart bin und ich andere dort mit hinein nehmen möchte.
Und das tue ich jetzt nach Kräften, so weit die Konzentration reicht. Ich stelle mir immer einzelne Personen vor, besonders die, von denen ich weiß, dass sie bestimmte Nöte und Sorgen haben oder sie etwas bedrückt. Damit liege ich dann Jesus tüchtig in den Ohren (betet ohne Unterlass – steht in der Bibel, da ist er selber schuld dran! :-)) und versuche dann alle guten Gedanken und Wünsche für jeden einzelnen vor Gott und auf die Reise um den Globus zu schicken. So hat meine Meditation hier eine ganz neue Richtung bekommen. Gott sei Dank!
Übrigens: ich besinne mich hier ja gerade auf meine christlichen Wurzeln, „back tot he roots“ sozusagen. Stellt Euch vor, das Institute, in dem wir hier gerade sind, heißt „Root Institute“. Lustig, ne?!

Kategorien: Uncategorized | 4 Kommentare

Beitragsnavigation

4 Gedanken zu „Meditationserfahrungen

  1. Bettina Wenzel

    Liebe Viola, „ich war ja so froh, das kann ich gar nicht beschreiben“ schreibst Du, das ist wunderbar! Diese unerwartete Tiefe der Gefühle, die kaum zu beschreiben sind. Das ist etwas extrem Kostbares wenn es in dieser Intensität passiert! Liebe Grüße an Euch beide, Bettina

  2. Angela Selter

    Hat mich auch total berührt der Blogeintrag! Wow! VLG Angela

  3. Angela Lohr

    Schön wieder von Euch zu lesen, und dazu so interessante Dinge. Ich freue mich, dass Du so gute Erfahrungen mit der Meditation machen konnntest Viola und Gregor hat ja wohl auch einiges gelernt.
    Ich hätte gar nicht gedacht, dass in 10 Tagen soviel passieren kann.
    Werdet ihr Euch jetzt weiter jeden TAg Zeit für Meditation nehmen?

    Hier ist gerade Weckmann- Zeit, ich habe schon einige selbst gebacken und manchmal an Euch gedacht und denke, ihr bekommt dieses Jahr gar keine.
    Aber ihr habt ja dafür so tolle andere Erfahrungen. Ich freue mich weiter von Euch zu lesen.

    • Viola Fey

      Danke für die Rückmeldung! Mit der Regelmäßigkeit ist das im Urlaub genauso schwierig wie zu Hause. Wir leider noch nicht weiter meditiert. Entweder waren wir im Bus unterwegs oder es hat nicht gepasst. Aber das ist wie auch sonst keine wirkliche Entschuldigung. Gregor hat immerhin schon mal zwei Meditationskissen gekauft, wir sind also bestens vorbereitet!
      Viel Spaß beim Backen, bei Euch wird es ja auch langsam adventlich, oder?
      Viele Grüße von Viola und Gregor

Hinterlasse einen Kommentar

Bloggen auf WordPress.com.